You lovely ladies in your leather and lace
A thousand lips I would love to taste
I got a hard and it hurts like hell
If you won't rock me, somebody will.
Mick Jagger
It's Only Rock n' Roll
Vertikal. Phallisch?
Luce Irigaray
Speculum. Spiegel des anderen Geschlechts
Die Logik des lógos ist verwurzelt in der existenzialen Analytik des Daseins.
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8. c) Kudos
Es gibt ein anderes Wort, das in einer anderen Hinsicht ein Licht auf das vertikale Aufgehen des männlich Seienden in der Lichtung des Seins wirft: kuein heißt "aufschwellen, schwanger werden". (Wir lassen freilich die zweite Bedeutung, sofern sie ein leibhaftes Schwangerwerden beinhaltet, hier beiseite, was u.a. dadurch gerechtfertigt ist, daß im Griechentum die physis von der poíesis in einem Zugriff auf das ständig Anwesende überfallen wird.) Das Verb gehört mit kudos zusammen: "Machtfülle, Ruhm, Ehre, Glanz, Wohlstand" etc. Wilhelm Luther listet verwandte Wörter auf und bemerkt: "Die ganze Wortfamilie steht offenbar unter dem Aspekt des 'Schwellens', der 'strotzenden Fülle'",[1] was im jetzigen Zusammenhang nur heißen kann: Raum einnehmen als ein Anwesendes in der Lichtung des Seins.
Im Gegensatz zum Ruf und Ruhm (kléos, mnéme, dóxa) sowie zu Ehre und Ansehen (timé/), die in der redend-hörend-nachsagenden Mitwelt geformt und von ihr getragen werden (Kap. 4), haftet das kudos an der leibhaft-gegenwärtigen, an-wesenden Erscheinungsweise des männlich Seienden in der pólis und gehört somit zur persona (vgl. Kap. 5). Wenn das Kudos an der leibhaft sichtbaren, scheinenden Erscheinung des männlich Seienden in der Mitwelt haftet und sich darin vom Hörbaren des nachredenden Ruhms und Rufs unterscheidet, dann vermutlich deswegen, weil das Schwellen als etwas Sichtbares sich dem Leiblichen besonders eignet, z.B. im Aufschwellen der Brust des stolz aufgerichteten männlich Seienden. Daß überhaupt das leibliche Aufschwellen ein Kudos als die glanzvolle Aura eines männlich Seienden bedeutet und bedeuten kann, ist selber jedoch nichts bloß 'Konkretes' und 'Natürliches' und deswegen Selbstverständliches, noch ist es bloß eine von der konkret wahrgenommenen Natur 'übertragene' kulturelle Sichtweise, die wie alle Sitten auf einer bloßen, dem historischen Wandel unterworfenen Konvention ruht. 'Dazwischen' gibt es noch etwas Anderes: die Natur als Geschichtliches, d.h. das Sein selbst als ständ-iges Aufgehen im griechischen Anfang, das sich dem anfänglichen abendländischen Denken offenbart und zu Denken gibt, ohne sich im Geschehen zu vergegenständlichen und sich so dem Zugriff der Historie zugänglich zu machen. Die Geschichte wird - weil durch Grundworte wie aletheia, lógos, ratio, certitudo, Vernunft getragen - nur dem Denken zugänglich.
Der männlich Seiende ist, das Sein des Menschlichen kommt vornehmlich im Männlichen zum Vorschein, denn das Männliche bedeutet: zum Vorschein kommen, in Erscheinung treten, sich in einen Stand bringen und sich so zeigen. Die höchste Weise des Seins als männlich Seiender liegt im kléos, im Glanz und Ruhm der dóxa. Heidegger erläutert so:
Das Rühmen, Ansehen zuweisen und aufweisen, heißt griechisch: ins Licht stellen und damit Ständigkeit, Sein verschaffen. Ruhm ist für die Griechen nichts, was einer dazu bekommt oder nicht; er ist die Weise des höchstens Seins.[2]
Demgegenüber heißt Nichtsein: aus der Erscheinung im Offenen der Mitwelt abtreten, aus der Ständigkeit herausfallen, 'verschwinden'.
Nur innerhalb der vom Sein als ständigem Anwesen gewährten Lichtung kann dem einzelnen männlich Seienden ein Kudos verliehen oder aber versagt werden, nur innerhalb der Offenheit für das Sein als das Walten der Ständigkeit ist die Möglichkeit des Charisma, des göttlichen Gnadengeschenks, und überhaupt die Möglichkeit des Ruhms gegeben als Geschenk des daímon. Ob dieser oder jener besondere männlich Seiende dann noch faktisch hoch ins Vertikale als Wer aufsteigt, sind Möglichkeiten, die eventuell zu erklären, den verschiedenen Gründen überlassen werden müssen, die immer eine begründende Erklärung abgeben können, sei es nun im individuellen Fall, sei es im sozialgeschichtlichen Fall, oder sei es auch durch die gesellschaftliche (Klassen)struktur selbst bedingt. Das Sein, indem es vor jeder Erklärung schon waltet als entwerfender Überwurf des Seienden, eröffnet erst den vertikalen Möglichkeitsraum für den Aufstieg als Wer in der Dimension des Miteinanderseins, es entscheidet nicht, wer wie hoch west. Der Larven-Wer z.B., derjenige Wer, der sich blindlings am Halt im Vertikalen als ein Seiendes festklammert, ek-sistiert als ein anmaßend-überhebendes Aufschwellen, welches das Kudos begehrt.
Wir halten vorläufig fest: sowohl die physis als das Aufgehen wie auch das physan als das Aufblasen sowie auch das kudos als ruhmhaftes Erscheinen gehören in die Wesensdimension des Seins selbst als ständiges Anwesen, als Raum einnehmendes, ausdauerndes Sich-zeigen in der Unverborgenheit. Die Polis als Lichtung des Miteinanderseins ist in diese ursprünglichere (nicht der zeitlichen Aufeinanderfolge nach) Lichtung des Seins eingelassen. Demzufolge ist der männlich Seiende nur, sofern er an der Ständigkeit in der Lichtung teilhat.