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3. a) Der Versager
Die Gestalt des Versagers, der seinen Eigennamen mitunter nur herausstottern und -stammeln kann, ist bereits in Kap. 2 aufgetaucht. Sie interessiert uns, weil an ihr, an einer extremen, privativen Möglichkeit der Existenz, das Wersein als ein Ganzes auf besonders prägnante Weise ersichtlich wird. Nicht das Ganz-sein-können eines Vorlaufens im Sein-zum-Tod, sondern das Nicht-sein-können und das Nichts-sein-können des Versagers sollen sich als lehrreich erweisen; nicht das Nichts als die Möglichkeit des Nicht-mehr-existierens, sondern das Nichts des Nichts-zustande-bringens wird hier thematisch. Wir fragen also: wie ist es genauer um die alltägliche Figur des stammelnden Versagers bestellt? Wir können sagen, das Sein versagt dem Versager den Stand als Wer, wenn wir davon ausgehen oder zunächst unabgesichert vermuten dürfen, daß das Sein selbst den männlich Seienden als Wer in seiner Wahrheit wesen läßt, d.h. ihm seine Seinsweise als Wer schenkt oder aber vorenthält.
Das Versagen als Scheitern verweist in erster Linie auf einen Mangel an Erfolg. Der Erfolgreiche läßt sich heute zunächst oberflächlich und alltäglich bestimmen als derjenige, der genug oder mehr als genug Geld verdient, um einen gewissen durchschnittlichen oder überdurchschnittlichen materiellen Lebensstandard zu erreichen[1]. Als Norm der Durchschnittlichkeit gehört der materielle Lebensstandard von alters her zum äußerlichen Ansehen des Wer im Miteinandersein. Die Norm selbst unterliegt der Willkür der durchschnittlichen Meinung, wie sie sich eben in einem gegebenen gesellschaftlichen Kontext herausbildet. Wenn der Wer die Erscheinungsweise des männlich Seienden als Namensträger ist, dann erscheint er zunächst in einem öffentlichen Modus des Aussehens wie..., der sich zunächst auf äußerliche Weise am Warenkonsum ablesen läßt. Der Erfolgreiche hat sich den Zugang zur Warenwelt durch sein Geldverdienen verschafft, er zeigt, wer er ist, durch die Waren, die er gebraucht und verzehrt, sie sind Zeichen seines Werstandes, Statussymbole. Das Geld ist der universelle Schlüssel zum Warenreichtum, wodurch der Genuß am Konsum eröffnet wird. Was die Welt zu bieten hat, liegt dem Geldbesitzer zu Füßen, er schwelgt in den angenehmen Dingen des Lebens, entwickelt sein savoir vivre und zeigt sich dabei als Connaisseur - oder aber als Banause. Wer den Zugang zum Warenreichtum erreicht hat, erweckt den Neid der Anderen, für den erfolgreichen Wer ein Genuß eigener Art.
Erfolg und Mißerfolg beschränken sich freilich nicht auf öffentlich ablesbare, in personhafte Erscheinungsweisen verwandelte Geldquanta. Die Gestalt des Versagers erschöpft sich nicht in der des Verlierers, der im Kampf um den Gelderwerb unterliegt, die Versagung eines ausreichenden Werstands greift tiefer in die männlich Existenz, wodurch seine Namensträgerschaft zur ganz und gar uner-träglichen Last wird. Das Sein als Ständigkeit hat sich dem Versager schon entzogen. Statt ihm einen Halt in der Welt als den Aufenthalt eines haltsichernden Ethos zu geben, wiegt der Eigenname schwer auf dem Versager. Er vermag seinen Eigennamen mit keinem angemessenen Aussehen wie... auszustatten, das als Gravität ihm Ansehen verliehe, statt ihn niederzudrücken.