kaum ständig noch

Phänomenologie der Männlichkeit als Wersein


Michael Eldred


artefact text and translation
Cologne, Germany


3. We(h)rlosigkeit des Versagers

d) Der weiche Schmerz


Version 2.1 July 1996
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Inhaltsverzeichnis dieses Kapitels


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    3. d) Der weiche Schmerz

  1. In den Welt- und Selbstdistanzierungen einer (Selbst-)Ironie kommt dem versagenden Wer die Welt abhanden, statt daß er sich in seinen Haltungen einen überlegenen Halt am Seienden gewinnt. Das Versagen bedeutet eine Ablehnung von Welt, eine Verweigerung bzw. Unfähigkeit, unter dem Seienden zu sein, eine Interesselosigkeit im wörtlichen Sinn. Das Entgleiten aus der standfähigen Wehr des Wer in den weichen Schmerz vollzieht sich als ein Sich-in-Frage-stellen genausowohl wie als ein In-Frage-gestellt-werden. Am Phänomen der Werlosigkeit brechen die grammatischen Konstruktionen des Aktiven und Passiven zusammen. Der weiche Schmerz ist die der Werlosigkeit eigenste Befindlichkeit, die Befindlichkeit und Empfindlichkeit der schutzlosen Unbeholfenheit als Wer, der offenen Wunde einer dauerhaften Entlarvung, wo die Identifikationsmöglichkeiten mit einem larvenhaften In-der-Welt-sein sich verflüchtigen oder vielmehr sich schon längst verflüchtigt haben. Diese Verflüchtigung von identitätsausweisenden Anhaltspunkten, das Kollabieren der Identität selbst 'erfolgt' nur Kraft eines von einem unbenennbaren Leiden vorangetriebenen Denkens, welches das gängige Larvenangebot unablässig in Frage stellt, es dem männlich Seienden entzieht und ihn dadurch aus dem alltäglich-bequemen Halt herauswirft. Der Schmerz der Haltlosigkeit ist auch eine weiche Schwere der Unerträglichkeit der Namensträgerschaft, in der der Werlose die ganze Gravität des Seins zu spüren bekommt, aber nicht in der Weise des angesehenen Herren, dessen Gravität ihn im Wersein verankert, sondern als namenlosen, niederziehenden Schmerz. Die Gravität ist trotzdem wohl dieselbe Schwere, die vom Sein her anwest und dem männlich Seienden sein in-dividuelles - d.h. unteilbares und unbezügliches, nicht übertragbares - Geschick der Namensträgerschaft schickt. Der Versager ist in ein wehrloses Ver-halten geworfen, wo es ihm nicht gelingt, sich zusammenzureißen und sich so hinter geeigneten Larven als Verhaltensweisen dem Seienden gegenüber zu verschanzen. Er versagt gegenüber dem Auftrag des herausfordernden Seins, dessen Austrag sich ihm als weder erträglich noch ertragreich erweist. Die zentrierende Sammlung auf den eigenen Namen ist ihm versagt, er füllt seinen Eigennamen nicht aus und der namenlose Schmerz löst seinen Werstand tendenziell auf.



      Anmerkungen 3. d)


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